In der zweiten Juli-Hälfte sowie im August konnten sich die Finanzmärkte insgesamt einigermaßen erholen. Aufgrund der Rezessionsängste setzte zunächst eine Flucht in den „sicheren Hafen“ der deutschen Staatsanleihen ein, da nun weniger Zinsanhebungen von Seiten der EZB erwartet wurden. Dies führte zu einer deutlichen Stützung der Aktienmärkte, weil Diskontierungsfaktoren verringert wurden und insbesondere zinssensitive Sektoren wie Immobilien-Unternehmen mit geringeren Refinanzierungskosten konfrontiert sind. Auch Renditeabstände von Unternehmensanleihen, die in den Monaten zuvor deutlich gelitten hatten, konnten wieder (leicht) verringert werden. In der zweiten Augusthälfte kam es jedoch wieder zu einer Gegenbewegung.
Der Anstieg der Inflationsraten, der ursächlich für die Zinsanhebungen der Notenbanken war, hat sich mittlerweile verlangsamt, wobei dennoch keine endgültige Entwarnung zu geben ist. In diversen Ländern wurden zahlreiche, oft temporäre Hilfspakete geschnürt, um für die Bevölkerung die Last der Inflation abzumildern. Beispielsweise wurden temporär Steuern auf Energie gesenkt, sowie Preisanpassungen von (oft regulierten) Versorgern nach hinten verschoben. Da ein Teil dieser Maßnahmen nicht verlängert werden wird, wird der Preisdruck auch noch einige Zeit aufrecht bleiben, wenn auch der starke Impuls aufgrund der Invasion der Ukraine auslaufen sollte. Für die Notenbanken bedeutet dies aus unserer Sicht, dass weitere Zinsanhebungen notwendig sein werden, auch wenn dies die Gefahr eines wirtschaftlichen Abschwunges vergrößert. Langfristig hat diese Strategie den Vorteil, dass durch die Verankerung von niedrigen Inflationsraten das generelle Zinsniveau ebenfalls niedriger gehalten werden kann, als im Falle ausufernder Preisanstiege.
Was bedeutet dies für fair-finance?
Die meisten Rohstoffpreise (mit Ausnahme von Gas) entwickelten sich seit Ende Juni negativ, da insbesondere in China die konjunkturellen Aussichten getrübt sind. Auch ist davon auszugehen, dass aufgrund der Angst vor Lieferengpässen im ersten Halbjahr viele Materialien gehortet wurden, wodurch die Lager recht gut gefüllt sind. Wir halten weiterhin an unserer Strategie fest, keine Rohstoffe (auch keine Energie) im Portfolio einzusetzen. Dennoch beobachten wir die Energiewende mit großem Interesse, da wir als nachhaltige Investorin vom Boom bei Anbietern nachhaltiger Energie profitieren und sich auch beispielsweise in unserem Immobilienbestand die langfristigen Vorteile einer guten Wärmeisolation zeigen.
Ausblick
Eine Rezession bleibt wahrscheinlich und wird aus unserer Sicht die Schwankungsbreite an den Finanzmärkten weiter hochhalten. Wir bleiben derzeit weiterhin defensiv investiert, sehen aber nach wie vor in diversen Asset Klassen Opportunitäten entstehen. In derartigen Phasen zeigen sich aus unserer Sicht die Vorteile eines aktiven Asset Managers, da dieser schnell auf geänderte Bedingungen reagieren kann und sich ergebende Opportunitäten genutzt werden können. Wir rechnen damit, dass insbesondere die höheren Zinsen einige Geschäftsmodelle unter Druck bringen werden.