Die Krisenmaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) (NL 02/2020)

Gerade in Krisenzeiten stellt die europäische Geldpolitik einen wichtigen Anker der Stabilität dar, um negativen Markt- und Wirtschaftsentwicklungen entgegenzuwirken. Das Europäische System der Zentralbank besteht neben der Europäischen Zentral Bank (EZB) aus den nationalen Zentralbanken der einzelnen Mitgliedstaaten. Geldpolitisches Primärziel ist die Gewährleistung von Preisstabilität. Ist dieses erreicht, soll es als Sekundärziel die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Europäischen Union unterstützen.


Zur Umsetzung dieser Ziele stehen der EZB folgende Instrumente zur Verfügung, welche von den nationalen Zentralbanken im jeweiligen Land eingesetzt werden:
- Kauf von Wertpapieren unmittelbar von Geschäftsbanken oder über die
  Börse zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Liquidität
  (Offenmarktgeschäfte)
- Betraglich begrenzte Möglichkeit der Geschäftsbanken, Kredite über die
  EZB aufzunehmen oder ein überschüssiges Guthaben bei der EZB zu
  veranlagen. Aus diesen beiden Instrumenten ergibt sich der europäische
  Leitzins
- Intervention am Währungsmarkt: Die Zentralbank tritt dabei als Käuferin
  oder Verkäuferin am Devisenmarkt auf, um den Wechselkurs des Euros zu
  beeinflussen
- Mindestreserve: darunter versteht man ein Pflichtguthaben, welches
  Kreditinstitute halten müssen

So ergriff die EZB, bedingt durch den Ausbruch der Corona-Krise „Sondermaßnahmen“ zur Unterstützung der Wirtschaft, wobei die meistdiskutierten Maßnahmen die Ankäufe von Wertpapieren sowie die Festlegung des Leitzinses betrafen.

Konkret beschloss die EZB, Nettoanleihekäufe in Höhe von 750 Milliarden Euro (bis zum Jahresende) durchzuführen. Dieses Notprogramm ist unter dem Namen „Pandemic Emergency Purchase Programme“(PEPP) bekannt. Von der Höhe her fällt es, verglichen etwa mit den amerikanischen Anleihekäufen, eher moderat aus. Die amerikanische Notenbank Federal Reserve (FED) hat allein im vergangenen Monat für rund 931 Milliarden USD amerikanische Staatsanleihen gekauft. Anleihekaufprogramme existieren in Europa bereits seit 2015 und wurden zum Ankurbeln der Wirtschaft nach der Eurokrise (2010) das erste Mal eingesetzt.

Der Leitzins ist seit der letzten Finanzkrise (2008) auf einem sehr niedrigen Niveau (siehe auch die letzte Ausgabe des fair-finance Newsletters). Nach Mitteilung der EZB bleibt der Leitzins weiterhin auf diesem niedrigen Niveau – solange bis

festgestellt werden kann, dass die Inflation sich dem Ziel von knapp unter 2 Prozent annähert.

Außerdem kündigte die EZB im Sinne der „Forward Guidance“ an, sie sei „voll und ganz bereit, das Programm für die Wertpapierkäufe weiter aufzustocken und dessen Zusammensetzung anzupassen, im notwendigen Umfang und für so lange wie erforderlich.“

Unter der „Forward Guidance“ versteht man ein informelles Instrument der EZB, um bevorstehende Maßnahmen der Geldpolitik zu kommunizieren. Diese stehen in Zusammenhang mit den klassischen Instrumenten und sollen deren Wirkung unterstützen.

Eine weitere viel diskutierte, aber bisher nicht umgesetzte Maßnahme zur Stabilisierung der europäischen Wirtschaft, stellen sogenannte „Corona-Bonds“ dar.

Dabei würden die europäischen Staaten gemeinsam Anleihen an den Markt bringen. Die Regierungen würden auf diesem Weg gemeinsam Geld an Finanzmärkten aufnehmen, sich also verschulden - und dann gemeinschaftlich für Zinsen und Rückzahlung haften.

Schon in der Euro-Schuldenkrise, die von 2010 an vor allem Griechenland hart traf, gab es die Idee gemeinsamer Staatsanleihen (damals „Euro-Bonds“).

Hochverschuldete Staaten könnten auf diesem Weg zu erheblich günstigeren Konditionen Kredite von Investoren aufnehmen. Insgesamt wäre die Bonität der Gemeinschaftsanleihen deutlich besser, da die wirtschaftlich starken Länder Europas mithaften. Weil solche Papiere somit als sicherer gelten, müssten die Staaten für Corona-Bonds geringere Zinsen bieten als sie das zum Teil derzeit für ihre eigenen nationalen Anleihen tun müssen. Die Schuldenlast wäre relativ gesehen insgesamt also niedriger.

Euro-Bonds wurden damals genauso wenig umgesetzt, wie Corona-Bonds bisher, weil es auf Seiten der wirtschaftlich stärkeren Länder (zum Beispiel Österreich, Deutschland oder die Niederlande, ...) Widerstände gab und gibt, da befürchtet wird, für zusätzliche Schulden bereits hoch verschuldeter Staaten wie Italien mithaften zu müssen.

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