Auswirkungen einer Niedrigzinspolitik (NL 01/2020)

Seit den berühmten Worten „Whatever it takes“ im Jahr 2012 des ehemaligen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi unternimmt die Europäische Zentralbank den Versuch mittels Zinssenkungen, Anleihenkäufen und nunmehr einer Nullzinspolitik die Wirtschaft anzukurbeln. Das Niedrigzinsumfeld bzw. seit 2016 das Nullzinsumfeld beeinflusst in weiterer Folge in maßgeblichem Umfang sowohl die Finanzmärkte als auch die Realwirtschaft. Für Investoren der Realwirtschaft, also Private oder Unternehmen, bedeutet dies vor allem günstigere Kredite. Daher konnten einige private Investoren ihren Traum vom Eigenheim erfüllen, was sich jedoch wiederrum in enormen Immobilienpreissteigerungen manifestiert.

Andererseits sind auch deutliche Auswirkungen der niedrigen Zinsen an den Finanzmärkten erkennbar. Derzeit erreichen Aktienindizes weltweit beinahe historische Höchststände, unter anderem aufgrund des „billigen Geldes“ und der damit verbundene „Search-for-Yield“. In Amerika ist dies mittlerweile die längste Aufwärtsbewegung der Aktien seit Beginn ihrer Aufzeichnungen.

Auch die Anleihenmärkte entwickelten sich im vergangenen Jahrzehnt angesichts der weltweit zurückgehenden Zinsen und der damit verbundenen Kurssteigerungen hervorragend. Ausgezeichnete Schuldner wie Deutschland und Österreich konnten sogar Staatsanleihen mit negativen Renditen emittieren. Dies bedeutet, dass der Staat für das Ausleihen von Geld bezahlt wird und bietet somit perfekte Bedingungen für die Refinanzierung bzw. Neuaufnahme von Staatsschulden. Andererseits konnten sich dadurch aber auch Schuldner geringerer Bonität zu günstigeren Konditionen Geld ausleihen. Dies birgt strukturelle Gefahren, denn falls es in den kommenden Jahren zu Zinssteigerung kommt, werden genau solche Schuldner, die nur aufgrund des Niedrigzinses derzeit profitabel wirtschaften („Zombie-Firmen“), aus den Märkten gedrängt.

Die letztjährigen enormen Kurssteigerungen bei Anleihen sind zwar kurzfristige, positive Performancetreiber, jedoch müssen diese auf lange Sicht sehr wahrscheinlich Verluste hinnehmen. Eine Anleihe, die derzeit bei beispielsweise EUR 130 rentiert, wird nichtsdestotrotz bei ihrer Fälligkeit maximal zu EUR 100 zurückbezahlt. Die aktuelle Zinssituation stellt somit keinen nachhaltigen Status-Quo auf den Finanzmärkten dar. Daher sollte das Ziel verfolgt werden Assetklassen zu finden, welche unabhängig von den Entwicklungen an den Finanzmärkten eine stetige positive Rendite erwirtschaften (nicht-korrelierenden Asset-Klassen). Bei der fair-finance decken solche Asset-Klassen rund 50% des Gesamtportfolios ab und liegen damit deutlich über dem Schnitt des Vorsorgekassenmarkts.

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